Landes- und Regionalstrukturbegutachtungen: ein vielfach erprobtes Begutachtungsinstrument | Bestandsaufnahme und Empfehlungen zu ihrer Weiterentwicklung
Ausgabe 12 | 2019
Datum 13.05.2019
In den zurückliegenden Jahren hat sich der Wissenschaftsrat auf Bitten der Länder mehrfach zur strategischen Weiterentwicklung von ganzen Hochschulsystemen oder von Teilsystemen (unter anderem MINT-Fächer und Ingenieurwissenschaften) geäußert und standortübergreifend zur Universitätsmedizin einzelner Länder Stellung bezogen. Ausgehend von diesen Verfahren der vergangenen Jahre hat er nun die hochschul- und wissenschaftspolitischen Erträge analysiert sowie die Chancen und Möglichkeiten dieses Begutachtungsformats eingeordnet.
An Hochschulen wie auch an außeruniversitäre Einrichtungen werden seit langem hohe Leistungserwartungen gestellt. Zahlreiche Prozesse haben zu einer Dynamisierung der Hochschul- und Wissenschaftspolitik geführt: die quantitative Ausweitung des Hochschulsektors, die Einführung neuer Steuerungsmodelle, fortlaufende Reform- und Differenzierungsprozesse in allen Leistungsbereichen bis hin zur Exzellenzförderung sowie eine zunehmend hochkompetitive Personalgewinnung. Zudem haben sich grundlegende Veränderungen sowohl im Bereich der föderalen Hochschulfinanzierung als auch in Kontexten der Europäisierung und Internationalisierung und nicht zuletzt bezüglich der Region als Gelegenheits- und Verantwortungsraum ergeben.
Die Landes- und Regionalstrukturbegutachtungen des Wissenschaftsrats bieten unter diesen Randbedingungen wissenschaftsgeleitete und wissenschaftspolitisch nutzbare Analysen von Hochschul- und Wissenschaftssystemen sowie Empfehlungen zu deren Weiterentwicklung. Sie können den Ländern als wichtige Diskussionsgrundlage und wissenschaftsrat und Entscheidungshilfe für die Erarbeitung einer längerfristig angelegten Hochschulentwicklungsplanung mit entsprechenden Prioritäten und Posterioritäten dienen.
Das Instrument der Landes- und Regionalstrukturbegutachtungen
_verbindet institutionelle mit systemischen Perspektiven, das heißt solche von Hoch-schulen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit Fragen ihrer strategischen Einbettung in ein Landeshochschulsystem oder eine Region,_sollte im Sinne einer Modularisierung von Struktur- und Bewertungsaspekten offen für unterschiedliche Fragestellungen der Länder als Auftraggeber sein,
_unterscheidet sich – in der Analyse jeweils unterschiedlicher Kontextbedingungen – insbesondere von weitgehend standardisierten Evaluationsverfahren einzelner wissenschaftlicher Einrichtungen,
_ist ein primär strukturbezogenes Begutachtungsformat und verbindet daher bewertungsorientierte Aufgabenstellungen mit beratungsorientierten Angeboten.
Der Wissenschaftsrat betont, dass es künftig je nach Fragestellung denkbar und wünschenswert sein kann,
_Regionen innerhalb einzelner, namentlich größerer Flächenländer oder aber auch Län-dergrenzen überschreitende Hochschulregionen zu begutachten,
_vermehrt alle relevanten Akteure zu berücksichtigen, namentlich sowohl regionale Kooperationspartner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft als auch – auf freiwilliger Basis – außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in ihrer Rolle und Funktion als Kontextbedingungen des zu begutachtenden Systems.
Der Wissenschaftsrat verfügt für standortübergreifende Begutachtungen in der Medizin über ein etabliertes zweistufiges Evaluationsverfahren, das sich bei Bedarf in Landes- oder Regionalstrukturbegutachtungen integrieren lässt.Vor der Aufnahme einer Begutachtung sollte künftig eine intensivere inhaltliche und methodische Verständigung mit dem Auftrag gebenden Land und dem zuständigen Fachressort erfolgen. Zudem sollten sowohl beteiligte Hochschulen als auch relevante andere Akteure und Ressorts in die Planungen einbezogen werden.