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Datenintensive Forschung braucht mehr als Infrastrukturen | Wissenschaftsrat formuliert Leitlinien für Kulturwandel

Ausgabe 26 | 2020
Datum 26.10.2020

Seit Anfang 2020 wächst der Forschungsstand über die neue Coronavirus-Erkrankung COVID-19 rasant an. Neue Methoden der Datengewinnung, des Datenaustauschs und der Datenanalyse haben an dieser Beschleunigung großen Anteil. Die Krise hat damit sehr konkret illustriert, was bis dahin für Viele noch abstrakt geblieben war: die intensive Nutzung digitaler Daten eröffnet der Forschung heute eine Vielzahl neuer Möglichkeiten.

Immer leistungsfähigere Computer und Netze sowie neue Algorithmen ermöglichen es nicht nur, riesige Mengen komplexer Daten in Echtzeit zu analysieren, sie erlauben es auch, Muster in Texten, Bildern oder Videos zu entdecken. Zunehmend werden Daten aus ganz unterschiedlichen Quellen neu kombiniert und wissenschaftlich ausgewertet. Dadurch können in allen Wissenschaftsgebieten Fragestellungen verfolgt werden, die bislang außer Reichweite lagen.

Digitale Infrastrukturen auf neuestem Stand sind eine Voraussetzung dafür, es braucht aber mehr: „Wir müssen den nötigen Kulturwandel in Angriff nehmen und aktiv gestalten“, fordert die Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Professorin Dorothea Wagner. Um diesen Prozess zu unterstützen, hat der Wissenschaftsrat auf seinen virtuellen Oktobersitzungen 2020 das Positionspapier „Zum Wandel in den Wissenschaften durch datenintensive Forschung“ mit acht Leitlinien und daraus resultierenden Empfehlungen verabschiedet.

Dreh- und Angelpunkt des Kulturwandels ist die Bereitschaft von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Daten mit anderen zu teilen. Nur dann können Daten in neuer Weise zusammengeführt und wiedergenutzt werden. Um dabei hohe Qualität und effiziente Arbeitsprozesse zu sichern, ist es wichtig, sich auf gemeinsame Standards für die Aufbereitung der Daten, für die Dokumentation ihrer Verarbeitung einschließlich der Offenlegung verwendeter Software sowie für die Nutzung von Daten zu verständigen. Die Verständigung auf entsprechende Regeln muss von der Gemeinschaft der Forschenden ausgehen. Während in vielen Wissenschaftsgebieten die frühzeitige Offenlegung der Daten der beste Weg sein wird, muss in anderen der Schutz von Daten, die sich auf Menschen oder deren Werke beziehen, gewährleistet werden. Deshalb werden die Regeln, nach denen Daten geteilt und archiviert werden, nicht für alle Wissenschaftsgebiete gleich sein.

Datenintensive Forschung erfordert eine Vielzahl von neuartigen Kompetenzen, um Methoden weiterzuentwickeln, Standards zu etablieren sowie Qualität und Nachhaltigkeit zu sichern. Grundkenntnisse müssen allen Studierenden vermittelt werden, unabhängig davon, ob diese einen Beruf in der Wissenschaft oder außerhalb anstreben. Dafür ist es erforderlich, Curricula anzupassen und Lehrkapazitäten sowie Lehrinhalte in Informatik, Statistik, Recht, Ökonomie und Ethik zu erweitern und aufeinander zu beziehen. Die Weiterentwicklung datenintensiver Forschung verlangt aber auch hoch spezialisierte Tätigkeiten, die Anerkennung als wissenschaftliche Leistung finden müssen. Dabei werden sich auch neue Berufsbilder herausbilden, für die attraktive Stellenprofile und Karrierewege geschaffen werden müssen.

„Der Ressourcenbedarf datenintensiver Forschung“, so Wagner, „wird bei der Planung oft noch nicht ausreichend berücksichtigt. Hier brauchen wir mehr Transparenz und realistische Finanzierungsmechanismen, ohne dabei weniger datenintensive Forschungsformen zu benachteiligen oder Modetrends zu verstärken.“