Thomas May offiziell verabschiedet
Der scheidende Generalsekretär verlässt den Wissenschaftsrat (WR) nach 16 Jahren und geht in den Ruhestand. Die WR-Mitglieder nutzten die Sommersitzungen in Fulda als würdigen Rahmen für einen persönlichen und emotionalen Abschied.
Esther Seng (neue WR-Generalsekretärin), Thomas May und Wolfgang Wick
Am Abend des zweiten Tages der WR-Sitzungen wird traditionell zum Landesempfang geladen. So auch an diesem 10. Juli in der Propstei Johannesberg – gelegen in idyllischer Atmosphäre vor den Toren der Stadt Fulda.
Für die WR-Mitglieder bot der Empfang bei Timon Gremmels, Hessischer Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, eine willkommene Abwechslung zwischen zwei langen Sitzungstagen und der noch anstehenden Vollversammlung am Folgetag. Keiner der anwesenden Personen mag der Ablauf von WR-Sitzungen so vertraut gewesen sein wie Thomas May, der in 16 Jahren 65 Zusammentreffen des wichtigsten wissenschaftspolitischen Beratungsgremiums Deutschlands geleitet hat.
Julia Arlinghaus (Vorsitzende der Wissenschaftlichen Kommission), Thomas May und Wolfgang Wick (v. l.)
Von Routine konnte diesmal aber keine Rede sein. Wurden die Amtsgeschäfte doch unlängst an die neue Generalsekretärin, Esther Seng, übergeben. Thomas May stand dafür an diesem Abend, für ihn ungewohnt, in besonderem Fokus.
Als erster Laudator ergriff Staatssekretär Rolf-Dieter Jungk (BMFTR) das Wort, der im Namen der Verwaltungskommission das besondere Vertrauen hervorhob, das sich Thomas May seitens der Politik erwerben konnte: „Sie haben es stets diplomatisch und mit staatspolitischem Feingefühl geschafft, Brücken zu bauen, Kompromisse zu finden und Lösungen ohne Gesichtsverlust zu ermöglichen“, so Jungk.
Rolf-Dieter Jungk, Vorsitzender der WR-Verwaltungskommission
Frank Heinricht, bis Oktober 2024 Vorstandsvorsitzender der Schott AG und im Wissenschaftsrat als Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, beschrieb Thomas May in seiner Rede als exzellente Führungskraft, die Kolleginnen und Kollegen stets und besonders auch in herausfordernden Zeiten den Rücken stärkte.
Mays besondere Gabe der wortgewandten Vermittlung wurde dann auch von Julia Arlinghaus hervorgehoben. Die Vorsitzende der Wissenschaftlichen Kommission lobte den Generalsekretär a.D. als „leisen Architekten in einem manchmal sehr lauten Haus“, der imstande war „die Dinge so zu formulieren, dass sowohl die Ministerien als auch die Professorinnen und Professoren sie gleichzeitig für tragfähig hielten“. Am Ende seiner Amtszeit bleibe, so Arlinghaus an May gerichtet, großer Respekt und eine tiefe Bewunderung für dessen Haltung, Klarheit und Geduld.
Auch hielt das perfekte Drehbuch des Abends eine außergewöhnliche musikalische Einlage bereit. So hatten die langjährigen WR-Mitglieder Eva-Lotta Brakemeier (Flöte) und Martin Sternberg (E-Piano und Gesang) eine wunderbar persönliche Darbietung eingeprobt, die May und die anwesenden Gäste mit großen Klängen und viel Humor begeisterte.
Zuletzt blickte auch Wolfgang Wick, der sechste WR-Vorsitzende in der Ära Thomas May, auf die besonderen Leistungen des scheidenden Generalsekretärs zurück, zu denen etwa die Einführung des heute so bedeutenden Formates der WR-Positionspapiere gehört oder viele einflussreiche Papiere, wie zuletzt zur „Wissenschaft und Sicherheit in Zeiten weltpolitischer Umbrüche“, das im Spannungsfeld von Wissenssicherheit und Wissenschaftsfreiheit zur rechten Zeit veröffentlicht wurde, um konkrete Hilfe bei der Entwicklung einer nationalen Strategie leisten zu können. Wick und weitere Mitglieder des Wissenschaftsrats hätten von May gelernt, was dieser perfekt beherrschte: „Man muss das Unfertige aushalten können. Das Offene, das Suchende – gerade in Zeiten, in denen alle schnelle Antworten wollen“.
Wolfgang Wick, Vorsitzender des Wissenschaftsrats
Thomas May wurde 1958 in Hildesheim geboren. Nach dem Abitur studierte er Neuere Geschichte in Hamburg und München. Von 1987 bis 1995 war May bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) tätig, zunächst als Leiter des Vorstandsreferats, anschließend übernahm er die Leitung eines Referats in der Abteilung „Sonderforschungsbereiche“. 1995 wechselte Thomas May in die Geschäftsstelle des Wissenschaftsrats. Dort leitete er fünf Jahre das Referat „Hochschulstruktur- und Rahmenplanung“, danach übernahm er das Referat „Lehre, Studium und Wissenschaftlicher Nachwuchs“ und wurde stellvertretender Generalsekretär. Von 2003 bis 2008 war May Kanzler der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Seit dem 1. Februar 2009 bis zu seinem Ruhestand am 1. Juli 2025 war Thomas May Generalsekretär des Wissenschaftsrats.
Alle Fotos: Nicole Dietzel | www.dinias.de