Forschungsbauten – ein erfolgreiches Programm wird weiterentwickelt
Ausgabe 13 | 2019
Datum 13.05.2019
Im Rahmen seiner Frühjahrssitzungen hat der Wissenschaftsrat erstmals auf der Grundlage der neuen Ausführungsvereinbarung von Bund und Ländern |1 über die Anträge der Länder zur aktuellen Förderphase 2020 der Forschungsbauten entschieden. Er hat zudem einen neuen Verfahrensleitfaden beschlossen. „Wir knüpfen damit nahtlos an eine erfolgreiche Begutachtungspraxis an, die die Hochschulforschung in Deutschland sichtbar bereichert hat und weiter bereichern wird“, so die Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Professorin Martina Brockmeier.
Die neue Ausführungsvereinbarung zur Fortsetzung des Programms enthält neben den alten Programmbestandteilen Forschungsbauten und Großgeräte nunmehr auch ein Programm zur Förderung des Nationalen Hochleistungsrechnens. Es wurde maßgeblich durch die Empfehlungen des Wissenschaftsrats mit auf den Weg gebracht und stellt aus dessen Sicht eine sinnvolle Ergänzung der Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern dar. „Das neue Programm wird hoffentlich ein ebenso großer Erfolg, wie es die Forschungsbauten und das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft verantwortete Programm der Forschungsgroßgeräte an Hochschulen bereits heute sind“, gibt Brockmeier ihrer Hoffnung Ausdruck.
In der aktuellen Förderphase (2020) lagen zehn Anträge zur Begutachtung vor. Alle wurden als förderwürdig bewertet. Eines von ihnen, der Hochleistungsrechner CHEOPS2 der Universität Köln, wird nach der Beendigung der programmatisch-strukturellen Förderlinie „Hochleistungsrechner“ als Übergangsvorhaben außerhalb des Finanzkorridors für Forschungsbauten von 401 Millionen Euro finanziert. Die anderen neun Vorhaben der thematisch offenen Linie wurden nach wissenschaftsimmanenten Qualitätskriterien gereiht. Dabei wurden fünf Vorhaben (A–E) insgesamt mit „herausragend“, zwei (F–G) mit „sehr gut–herausragend“ und weitere zwei (H–I) mit „sehr gut“ bewertet.
Thematisch offene Förderung |2
A–E
Universität Bochum: Zentrum für Theoretische und Integrative Neuro und Kognitionswissenschaft (THINK)
Universität Jena: Microverse Center Jena (MCJ)
Universität München: Interfaculty Center for endoCrine and cardiOvascular disease Network modelling and clinical transfer (ICONLMU)
Universität Ulm: Multidimensionale Trauma-Wissenschaften (MTW)
Universität Würzburg: Center of Polymers for Life (CPL)
F–G
Universität Bayreuth: Forschungszentrum Gesellschaft, Technik und Ökologie in Afrika – Herausforderungen im 21. Jahrhundert (FZA)
Universität Münster: Body&Brain Institute Münster (BBIM)
H–I
Technische Universität Darmstadt: Center for Reliability Analytics (CRA)
Technische Hochschule Aachen: Center für digital vernetzte Produktion (CDVP)
Diese Vorhaben erfordern nach heutigem Stand ein Finanzvolumen von 498 Millionen Euro. Daher können nur die acht am besten bewerteten Vorhaben in der aktuellen Förderphase gefördert werden. Vorbehaltlich der abschließenden Entscheidung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) am 5. Juli 2019 werden damit insgesamt 168 Forschungsbauten in das Förderprogramm aufgenommen.
Anhand dreier Vorhaben der aktuellen Förderphase wird beispielhaft deutlich, wodurch sich die im Programm Forschungsbauten erfolgreichen Vorhaben auszeichnen:
Das „Microverse Center Jena“ zeigt den Erfolg einer konsequenten universitären Profilstrategie seit mehr als fünfzehn Jahren. Der erste Meilenstein war die Jena School for Microbial Communication, die seit 2007 in der Exzellenzinitiative gefördert wird. Sie bildete mit vier darauf aufbauenden Sonderforschungsbereichen die Basis für das
Exzellenzcluster und den Forschungsbau, die mit weiteren neuen Professuren ausgestattet werden. Keine andere Universität in Deutschland verfolgt den Schwerpunkt, die Bedeutung des Mikrobioms für die menschliche Gesundheit herauszuarbeiten, so konsequent und so umfassend. Die Perspektive reicht von der Grundlagenforschung bis hin zum Transfer, der ebenfalls auf regionale Wirtschaftspartner setzen kann. Ein weiteres wichtiges Ziel neben den biowissenschaftlichen Fragestellungen ist es, die bildgebenden Verfahren weiterzuentwickeln, für die Jena ebenfalls ein wichtiger Standort ist.
Das Vorhaben der Universität München mit dem Titel „Interfaculty Center for endoCrine and cardiOvascular disease Network modelling and clinical transfer (ICONLMU)“ ist ein Beispiel für die Bedeutung interdisziplinärer Forschungsansätze. An der Universität München sind sowohl eine starke Humanmedizin als auch eine Tiermedizin etabliert, was den Standort für dieses innovative Vorhaben geradezu prädestiniert. Der Übergang vom Kleintier- zum Großtiermodell bis hin zur Translation ist wissenschaftlich hochaktuell. Aus der Forschungsprogrammatik ergibt sich zwingend die Notwendigkeit einer hochspezialisierten Forschungsinfrastruktur. Die räumliche Anordnung der Tierhaltung und der Großgeräteplattformen muss so gestaltet werden, dass in einem Tiermodell mehrere Fragestellungen effizient untersucht werden können. Mit diesem Ansatz will man auch dem wichtigen Anliegen nachkommen, die Zahl der Versuchstiere so gering wie möglich zu halten.
Das „Forschungszentrum Gesellschaft, Technik und Ökologie in Afrika – Herausforderungen im 21. Jahrhundert (FZA)“ an der Universität Bayreuth stellt mit seinem transdisziplinären Ansatz der Afrikaforschung ein Beispiel dafür dar, wie wichtig Forschungsbauten auch für Forschungsprogramme sein können, die keine große apparative Ausstattung benötigen. Zentral ist hier der Raum für interdisziplinäre Begegnung, die nur eines Großgeräts bedarf. Aufgabe des Medialab ist die Erfassung, Archivierung und interdisziplinäre Auswertung von Forschungsgegenständen zu ermöglichen sowie die inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit zu stärken. Über das Medialab sollen afrikanische und andere Partneruniversitäten systematisch eingebunden und forschungsbegleitende Kommunikationsprozesse innerhalb der scientific communtiy und mit der Öffentlichkeit organisiert werden. Die Afrikaforschung ist seit Gründung der Universität im Jahr 1972 ein Schwerpunkt in Bayreuth.
[1] Ausführungsvereinbarung zum GWK-Abkommen über die gemeinsame Förderung von Forschungsbauten, Großgeräten und des Nationalen Hochleistungsrechnens an Hochschulen – Ausführungsvereinbarung Forschungsbauten, Großgeräte und Nationales Hochleistungsrechnen (AV-FGH) – vom 26. November 2018. Dem voran ging die von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) in Auftrag gegebene Evaluation des seit dem Jahr 2007 bestehenden Programms Forschungsbauten und Großgeräte an Hochschulen (gem. Art. 91b GG), das Ende des Jahres 2017 mit einem sehr positiven Votum abgeschlossen worden war.
[2] Die Vorhaben der Gruppen A–E und F–G erscheinen jeweils in alphabetischer Reihenfolge der Standorte. Zwischen den beiden Vorhaben der Gruppe H–I wurde noch einmal qualitativ differenziert. Demnach wird das Vorhaben der TU Darmstadt besser bewertet als das der TH Aachen.